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to the land of plenty

CHIAPAS - Heimat der Indios und der Aufständischen, Provinz der Fremden-Abzocke

San Cristóbal de las Casas, auf 2.000 m Höhe gelegen, Zapatistenzentrum mit einem Armengürtel von Indio-Favelas: Als erstes Aggression bei den Limpiadores, die gegen den Fahrerwillen auch saubere Scheiben putzen. Dann wegen unserer Langsamkeit Beschimpfung als Esel. Höhepunkt: Das vermutlich absichtlich herbeigeführte Touchieren mit Stoßstangenschaden beim Gegner. Nach eineinhalb Stunden Hin- und Hergelaber bezahlt Tom 1.600 Pesos für die Reparatur, 500 „Trinkgeld“ für die Stadtpolizei bzw. „Strafe“. Ein kurz nach uns in den Altstadtgassen steckengebliebener Amerikaner, der sich gewaltsam befreit und einen Pkw beschädigt, soll sogar 1.000 bezahlen. Seine Verhandlungen kosten ihn 6 Stunden auf dem Revier und schließlich ebenso 500. Noch nicht genug: Man rundet frech alle Kaufbeträge bei Fremden auf, und auf dem Campingplatz soll jeder Erwachsene 150 und jedes Kind 80 kosten, dies obwohl der Platz weder Strom, noch Abwasser, noch WIFI hat. Daraufhin verweigert die ganze Overlandermannschaft die Abzocke mit der Drohung, den Platz zu verlassen. Die vermögende Senora knickt schließlich ein, denn mit dem Internet ist sie schnell weg vom Promotions-Fenster.

Die Stadt selbst ist wie keine andere indegen und weltstädtisch zugleich, rückwärts- und vorwärtsgewandt, subsistenz- und profitorientiert. Uns gefallen: der Tempel und das ehemalige Kloster Santo Domingo sowie der Tempel de la Caridad, um die herum die Indios ihre gewobenen Decken und bestickten Tuniken und Blusen verkaufen ( #1, #2, #3), die Altstadtgassen mit ihrer ganz speziellen Atmosphäre und ihren einzigartigen Lebens-Gemälden (#1, #2, #3, #4, #5, #6), der Cerro de Guadalupe mit der gleichnamigen Kirche (#1, #2) und die Trattoria la Nonna, die an diesem Tag frisch zubereiteten Thunfisch-Dip, hausgemachte Ravioli mit Rindfleisch und Gnocchis mit Porcinis serviert. Ein Traum, die heiß geliebte italienische Küche.

Más vale morir de pie que vivir de rodillas - lieber auf den Füßen sterben als auf Knien leben
Kampfaufforderung von Emiliano Zapata und Ernesto „Che“ Guevara an das Volk

Die Mex 199
Auf den ersten 40 km bis Oxchuc ist alles gut. Ein paar Kilometer vor dem Ort macht ein Entgegenkommender folgendes Zeichen: Die Finger der linken touchieren die Fläche der rechten ausgestreckten Hand. Also Roadblock. Es gibt kein Entrinnen. Steine und ein Pickup versperren das Eingangstor der Stadt. Die Colectivos sind nur insofern betroffen, als die Indigenas mit ihren Warenbergen, die in San Cristóbal verkauft werden sollen, umsteigen müssen. Der Protest richtet sich gegen die Vaterlandsverräter in den oberen Rängen, gegen die Verarmung des Volkes durch den Abwertung des Pesos und gegen die Erhöhung der Spritpreise. Obwohl wir zweieinhalb Stunden stehen und Menschen aller Bergstämme sehen, wagen wir keine Fotos, denn es heißt, man müsse hier im Indioland andernfalls mit physischer Gewalt rechnen. Um 12.30 h, pünktlich nach dem Protest setzt tropischer Regen ein und kärchert das Pazifiksalzspray unter und auf dem Laster ab. Ocosingo, obwohl als Aufständischenzentrum gefürchtet, passieren wir ohne Blockade und Wegezoll. Dann, 30 Kilometer vor Palenque in Aqua Azul verwehrt ein selbstgebasteltes Nagelbrett das Weiterkommen. Nur bei Entrichtung von 200 Pesos für die Unterhaltung der Familien geht´s weiter, dies mit einem Handzettel, der die Gründe für die Zwangsabgabe nennt. Schließlich schaffen wir bei einbrechender Dunkelheit und tropischen Regengüssen die 200 Kilometer in 10 Stunden, dabei schadlos 518 Topes überwindend.

Der Chiapas-Mexikaner tut als Fahrer prinzipiell das, was er NICHT soll:
No rebase con raya continua. Er überholt bei zugezogener Linie.
No maneje pansado. Si toma no maneje. Viva nobeba. No tire basura. Multa de 5.000 pesos ò carcel. Er fährt übermüdet und/oder alkoholisiert und wirft die leere Flasche aus dem Fenster.
Obedezca/Respete las senales. No maltrate/destruye las senales. Er schert sich nicht um die Verkehrszeichen, sondern beschmiert und zerstört sie.
Maneje con cortesia. Er ist als Fahrer ein Rüpel.
No deje piedras sobre el pavimento. Nach einer Havarie lässt er die Steine auf der Fahrbahn liegen.

DIE GROSSEN VIER

Palenque

Urwaldtrommeln auf dem Dach,
Kaskadenvorhänge auf der Frontscheibe,
konturenauflösender Spraynebel -
der Himmel hat die Schleusen offen.
Dann endlich am Ziel, doch
der Standplatz bodenlos,
die Luft nässegeschwängert,
die Kleider feucht-muffig,
schweißgebadet der Körper,
der Meersalzvorrat nicht mehr kristallin,
sondern in flüssigem Urzustand -
Naturgewalt allgegenwärtig.

Anderntags auf dem glitschigen Moosweg hinauf zum Menschenwerk,
architektonisches Zeugnis einer hoch entwickelten Kultur.
Der mächtige Pakal, Hauptauftraggeber des Projekts,
lange vor Christus tätig.
Aber wer, fragt man sich mit Brecht,
hat die imposante Anlage gebaut.
Pakal, der Wichtige, sicher nicht,
doch vergisst er nicht,
sein Bildnis zu verewigen,
an jeder Wand, selbst auf seinem Sarkophag.
Drei Jahrhunderte später der Platz menschenleer,
der Dschungel sein Eigentum zurückfordernd,
bis ein Maya-Jäger die Ruinen neu entdeckt.
Viel, viel später
findet ein französischer Exzentriker
auf der Pyramidenspitze für zwei Jahre
seinen optimalen Wohnkick.
Heute?
Lohnenswerte Geschäfte mit dem Herrscher-Denkmal
und den Nachfahren der jetzt wie damals Gebeutelten.
Ja, die Maya gibt es noch und wird es weiter geben -
als lebende Kulturethnien in fremdbestimmtem Dienst.
Absolut kostenfrei.
Pfui Teufel.

entstanden im Januar 2017

Und das sind die Bilder zum Erlebnis Palenque: der allgegenwärtige Stein-Pakal und das Relief eines seiner Herrscher-Nachfolger, die Ruinen-Anlage (#1, #2, #3, #4) und das ungewöhnliche Museum mit fast intakten Weihrauchgefäßen, die in die Architektur integriert waren, mit einer Glyphenwand voller ausdrucksstarker Schriftzeichen und sogenannter Kopf-Zahlen, hier der Acht, und vor allem mit einmaligen Masken (#1, #2, #3, #4), einer mit dem typischen Dreiecksstein im Mund, den Ewigen Geist darstellend, einer anderen mit sichtbar asiatischer Physiognomie, die manchem Chiapas-Indio im Gesicht geschrieben steht.

Info für Reisende in Mexiko:
Farmacias del Ahorro sind Apotheken mit angeschlossenem Arzt, der kostenlos Rezepte ausstellt.

Erstellt am Donnerstag, 26. Januar 2017
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