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to the land of plenty

BC, der Westen - das in jeder Hinsicht eigentliche Alaska

Northern BC ist auf dem Cassiar, also der 37 und auf dem Stewart-Hyder Highway, der 37A, einer Stichstraße, absolut einzigartig. Seht: Boya (#1, #2) und Dease Lake mit ihren Widerspiegelungen, die Skeena Regenbogenberge, die Schwarzbären, die am Straßenrand im frischen Klee grasen und sich partout nicht stören lassen, der Bear Glacier mit dem Strohn Lake. Hinter Stewart nach Überquerung des Fish Creek begibt man sich auf der alten Kupferminenstraße 50 km hinauf in die Berge, die sich zunächst in ihrem Morgennebelkleid präsentieren. Und dann steht man am Salmon Glacier. Der Blick vom Summit Viewpoint ist atemberaubend. Wir sind dahin von dieser eisigen Gletscherflusslandschaft (#1, #2), so klar und mächtig noch nie geschaut. Wunderbar.

An der Pazifikküste von Prince Rupert bis nach Vancouver Island sowie auf der Westseite der Insel findet man sogenannte temperierte Regenwälder, die von der Holzindustrie immer noch im Clear-Cut-Verfahren profitabel abgeholzt werden, dies weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit, obwohl die Kahlschläge verheerende ökologische Auswirkungen haben, u.a. auf die Fauna dergestalt, dass wilde Tiere, die im feuchten Unterholz dieser Naturwälder leben, im Bestand gefährdet sind. Im Regenwald den Abend und die Nacht zu verbringen, ist für uns jedesmal wieder ein Erlebnis. Und wenn es dann noch leicht nieselt, fahren wir die Markise aus und genehmigen uns am wärmenden Feuer einen Single Malt. Aber auch bei Sonnenwetter, wenn die Moosvorhänge golden leuchten und man auf dem weichen Boden aus verrottendem Holz und Blattwerk, aus Nadeln und Zapfenresten wie auf einem Teppich geht, ist der Regenwald besonders. Originäres Regenwald-Feeling haben wir in der Wildnis auf Vancouver Island, dort am Schoen Lake, zu dem nur ein Waldweg führt und der in First-Nation-Gebiet liegt. Vor Cougars, einer Art Puma, der den Menschen von hinten anspringt, wenn er Hunger hat, warnt eine im Wald angebrachte Tafel.

Die Distanz von Prince Rupert nach Port Hardy/Vancouver Island überwinden wir ganz bequem auf einem Fährschiff der BC Ferries, das sich 15 Stunden lang auf der Inside Passage durch die Inselwelt der Westküste von BC im wahrsten Wortsinn schlängelt. Wir haben Alaskawetter, sodass das Nebelhorn nicht nur einmal tönt. Doch sind die Sichten überaus spektakulär (#1, #2, #3, #4), wir sparen 1.500 Self-Drive-Kilometer und MÜSSEN einen Tag lang einmal GAR NICHTS tun außer essen, trinken und schauen. Nur der Nordteil von Vancouver Island mit dichtem Regenwald, einsamen Seen und langen Küstenstrichen auf der Ostseite ist für den Reisenden interessant: Neben dem Schoen Lake gefällt uns besonders die Kitty Coleman Beach (#1, #2), wo wir 3 Tage direkt am Wasser stehen. Schoen. Der Südteil der Insel dagegen ist städtisch, wenig charakteristisch und sehr aufgeregt. Also nichts für uns, was man uns bald mitteilt, indem man uns öfter einmal den Mittelfinger entgegenstreckt. Back in civilization.

Victoria liegt am südlichsten Zipfel der Insel, ist ausgesprochen britisch und für den Besucher recht kompakt: Die Altstadt mit den gepflegten Fassaden konzentriert sich um den Hafen, das Nobelhotel Fairmont Empress, das Parlamentsgebäude, den Thunderbird Park und das Royal BC Museum, beide mit sehenswerten Totempfählen (#1, #2, #3). Man kann den Stadtgang mit dem Harbour Walkway abschließen und an der ewig langen Bar vom Red Fish Blue Fish mit Sicht aufs Wasser den besten Heilbutt der Stadt mit Mayo und Krautsalat essen. Er ist so gut, dass man eine Dreiviertelstunde ansteht. Dann geht´s hinauf nach Swartz Bay und mit der Fähre eineinhalb Stunden hinüber aufs Festland nach Tsawwassen.

Vancouver ist eine glänzende moderne Metropole, die uns sehr gefällt. 20 Vorstädte hat die Stadt, weshalb wir an der Haltestation Scott Road für 3 Dollar parken und mit einem DayPass für 9.75 Dollar/6.80 € p.p. mit dem Expo Line SkyTrain eineinhalb Stunden über der Stadt wie auf einer Sightseeingtour nach Downtown bis zur Waterfront Station fahren. Unser Stadtspaziergang beginnt am Canada Place mit seiner weißen Segeln nachempfundenen Dachkonstruktion. Das Gebäude beherbergt das Kongresszentrum und das luxuriöse Pan Pacific Hotel, an dem längsseits die Kreuzfahrtschiffe festmachen. Von da ist es nicht weit in die Altstadt, Gastown, folgerichtig benannt nach ihrem Gründer, der 1867 ein Fass Whisky in seinem Reisegepäck hatte, das Grundstock für seinen Saloon war. Gastown ist komplett restauriert und eine einzige Verkaufs- und Verzehrmeile. An Gastown grenzt südöstlich Chinatown, wo die Chinesen nur noch ihre Läden und Restaurants betreiben, denn die ehemaligen Billiglöhnler, die einst zum Bau der Canadian Pacific Railway kamen, sind längst abgelöst von wohlhabenden und qualifizierten Immigranten, die die Mittel haben, Eigentum zu erwerben - dies in Stadtvierteln wie Richmond und Burnaby, in denen neue Chinatowns entstanden sind. Im alten Chinatown finden wir das FAT MAO, eine Nudelsuppenbar vom Feinsten. Dort essen wir einen rohen Thun mit Ingwer und Crisps, eine leicht süßliche Currysuppe mit Huhn und 3 verschiedenen Gemüseecken in der Brühe und eine superscharfe asiatisch-würzige mit dünnen Rinderstreifchen. Noch weiter südöstlich am False Creek liegt der imposante Gebäudekomplex der Telus Science World mit der geodätischen Kuppel des Omnimax Kinos. Das Innere der Kugel dient als riesige Projektionsfläche für die Filme, die dort gezeigt werden. Das ehemalige Expo-Gelände an der Québec Street ist heute attraktives Hochhauswohnviertel. Am False Creek entlang flanieren wir bis zur Aquabus-Station, von wo aus wir den False Creek hinauf bis nach Granville Island fahren, vorbei an der „City of Glass“ mit Parks und Yachthafenmeile, sichtlich das exklusive Zuhause des Geldadels. Über die Burrand Bridge und entlang der gleichnamigen Straße, die das Westend streift, geht´s zurück zum Ausgangspunkt.

Exkurs: Vancouver, bald eine chinesische Stadt?
Die Chinesen machen ein Drittel der Bevölkerung aus, weshalb es in Vancouver eine Bürgerbewegung gibt, die den Rassismus gegen Chinesen am Leben erhält. Auch die Steuer, die für fremde Käufer seit August erhoben wird, hat nicht dazu geführt, den Kaufenthusiasmus der Chinesen abzukühlen. So berichtet die 24 hrs Vancouver vom 13. September 2016: „Thinking that the 15% tax on foreign nationals buying Metro Vancouver residential property has stopped the enormous impact of Chinese buyers on housing prices is to live in a fool´s paradise. On the contrary China´s largest international property portal saw an 8.3% increase of inquiries for Vancouver homes under $ 1 million. No wonder China created 1.2 million new millionaires in 2014 - one every 30 seconds, and - federal border guards confiscated a whopping $ 13.5 million in undeclared cash from Chinese citizens at Vancouver airport over the past three years. And while millionaire Chinese nationals are welcomed to buy eve n more homes and thus drive up prices ordinary British Columbians are screwed.“

DER HANS, DER KANN´S
Wer mit eigenem Fahrzeug nach Nordamerika reisen will, kann nur 2 vernünftige Dinge tun: sich ein Mercedesfahrzeug zulegen und bei Hans Mross in Langley/Vancouver einen Boxenstop einlegen, um für die Weiterreise gerüstet zu sein. Bei ihm stehen wir nach gefahrenen 25.000 auf der aktuellen und 35.000 auf der Asienreise, also 60.000 pannenfreien Kilometern 5 Tage und 4 Nächte still, das während des Tages in höchst professioneller und anregender Gesellschaft, nachts allein auf weiter Flur im Hof. Tom macht wieder einmal einen Schrauberlehrgang, theoretisch wie praktisch, indem er dem Meister zur Hand geht, ich schreibe die längst überfälligen Blogeinträge und bringe zum ersten Mal Ordnung in das beständig wachsende Blattwerk von Infos. Nicht nur lustig ist also das Zigeunerleben, sondern auch ausgesprochen schnelllebig und arbeitsintensiv. Hans ist ein begehrter Mann bei Overlandern ebenso wie die Bhandari in Amritsar/Indien und Sibylle vom „Oasis" in Ulan Baatar/Mongolei. So treffen nach uns ein: ein Berliner mit seinem Iveco und Vorderradfelgen, die sich nicht mehr von der Bremstrommel lösen lassen, ein Dresdner, der seinen Steyr über den Winter abstellen und repariert haben will, sowie ein Vorarlberger mit nagelneuem Bremach und gebrochener Achse. So ist Hans vor allem Helfer in der Not. Er schraubt am liebsten an alten Mercedesfahrzeugen, Unimogs und MANs, weil alles daran mechanisch ist. Überhaupt gar nicht mag er sich mit „Plastikschüsseln und elektrischem Firlefanz" befassen. Deshalb kommt ihm unser Laster gelegen, den er mit Hingabe, Sorgfalt und feinen Mechanikerhänden behandelt, bis er wieder schnurrt wie einTiger, denn Zylinderkopfdichtung, Kühler und Hinterreifen sind gegen neue ausgetauscht (#1, #2, #3, #4), die Kühleranschlüsse modifiziert, die Einspritzdüsen abgedrückt und ihren Druck von 170 auf 200 bar erhöht, der fällige Ölwechsel gemacht, die verrosteten Auspuffteile abgeflext und neue eingeschweißt.

Danke, Hans, für die schwere Operation am Herzen des Motors . Auch wenn du manchmal herrisch bist, war´s sauschön mit und bei dir.

Wie ihr ja wisst, „besuchen“ wir Hans noch einmal, weil wir um unser Gefährt fürchten, und zeigen ihm das Video, das unsere Sorge auslöste. „Die Maschine verbrennt kein Wasser“, stellt er lapidar fest. Vielleicht liege es an der Einspritzung. Und schon kommt er mit einem Holzstock zurück, mit dem er wie ein Schamane die Einspritzleitung abhört. „Düsen arbeiten korrekt. Spür´ ich an der Vibration“. Er will den Start-Rauch mit eigenen Augen sehen und schlägt uns vor, erst einmal bis zum anderen Tag zu bleiben. Schon wieder stehen abends 2 Fahrzeuge auf dem Hof - mit uns ein Mercedes G mit Kabine aus Esslingen. Gesellschaft leistet uns auch Hansens zweijährige schwarze Stute, die bockig hüpft oder elegant galoppiert, um uns zu zeigen, wie attraktiv sie ist. Und die Strauße eines Nachbarn mit ihrem Catwalk-Gehabe, ihren dünnen Storchenbeinen, wogenden schwarz-grau-weißen Federballen, flauschigen Giraffenhälsen und ausdrucksstarken Köpfen suchen Hautkontakt mit dem neugierigen Menschen. Aua.

Am Morgen startet Tom den Laster: Die Hand am Auspuff beweist: keine Feuchtigkeit im System, zudem keine ungewöhnliche Rauchentwicklung. „Ihr könnt fahren.“ Vermutlich Verkettung ungünstiger Faktoren: Wir standen damals 16 Stunden auf 1.600 m Höhe mit 3 Plusgraden am Morgen, hatten wahrscheinlich keinen Clean Diesel getankt und wollten kein Risiko eingehen. Egal, … um 11h sind wir bereits vom Hof, eineinhalb Stunden später in Hope und reisen weiter auf dem schönen Crowsnest Highway durch das intramontane Okanagan Valley mit Osoyoos als Zentrum, das mit seinem trocken-heißen Klima, seinen großflächigen Weinbergen, vielen Weingütern und dem spiegelglatten See die „einzige Wüste Kanadas“ ist und uns an die oberitalienischen Seen erinnert, bis nach Creston, wo wir ein viertes Mal die USA-Grenze passieren.
Am 26. September sind wir wieder in Butte und anderntags in Wyoming, denn im Yellowstone soll´s ab dem 2. Oktober einen Temperatursturz auf nachts minus 4 Grad geben. Also nichts wie hin und weg.
Erstellt am Dienstag, 27. September 2016
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