Donau ade!

Freitag, 29 Juli 2022

In 67 Tagen sind wir 2112 Kilometer auf der Donau von Kelheim bis nach Cernavoda und auf dem Donau-Schwarzmeer-Kanal schließlich bis Constanza am Schwarzen Meer durch Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Serbien, Bulgarien und Rumänien gefahren. Die Obere Donau hat uns das Schleusen beigebracht (#1, #2, #3), die Mittlere die Schönheit und Mächtigkeit der exzeptionellen Flusslandschaft gezeigt (#1, #2). Die Untere Donau aber hat uns das Fürchten gelehrt. Inwiefern, fragt ihr sicher. Klado, das Windloch hinter dem Eisernen Tor (Video), hätte uns ohne Hilfe das Boot gekostet. Von Klado an, wo wir aus körperhygienischer und WLAN-Not ein Hotelzimmer gebucht, aber auf dem Boot geschlafen haben, gibt es nur den Yachthafen Ruse und den städtischen Ponton in Hirsova für unsereinen, sonst nichts. Die anderen vorhandenen Pontons sind oft in privater Hand mit Security, die Polizeipontons Hoheitsgebiet und die öffentlichen Stadtpontons für Hotelschiffe und Berufsschifffahrt freizuhalten. So sind wir 14 Tage unterwegs ohne Möglichkeit, unsere Trinkwasservorräte aufzustocken; nur in Vidin, Ruse und Hirsova können wir proviantieren; Landstrom gibt es nur in Ruse, Körperpflege ebenfalls. In Hirsova werden wir 3 Tage lang Zeuge, dass die Donau eine Art Ganges ist: Die Roma holen ihr Trinkwasser, waschen sich und ihre Wäsche dort, kacken und pinkeln hinein. Sie werden ausgegrenzt, sind verschlossen, die Buben oft aggressiv: „Every 30 minutes the police control the area. You need not be worried.“ Wir haben eine ganz andere Sorge als die Roma, nämlich den täglich sichtbar sinkenden Wasserpegel. Von der Insel Belene km 576 bis nach Silistra km 372 zeigt das Navionics-Programm beängstigende Shallow Water Areas bis zu 40 cm untief, Sandinseln heben sich immer weiter aus dem Fluss: Piep, piep, piep und wieder piep, piep, piep, piep, piep, Bottle Necks führen zum Begegnungsverbot für die Großen, drängen uns an den Fahrrinnenrand und manchmal sogar weit darüber hinaus, die Betonnung ist zuweilen stark versetzt, denn der Strom hält sich nicht an ein fremdbestimmtes Programm, kennt nur sein eigenes. „Follow the big ships“, rät man uns unter diesen Umständen, was wir uneingeschränkt tun. So folgen wir dem Schubverband vor uns in den Bala- und Borcea-Arm nordwärts, um dann 60 km von oben wieder südwärts, also den Strom hinauf bis Cernavoda zu fahren. Dennoch entgehen wir auf den 47 km von Hirsova nach Cernadova den Niedrigwasserfallen nicht und sitzen bei Km 263 noch einmal auf. Tom schaufelt sich wieder frei.
Die Sorge, KEINE Handbreit Wasser mehr unterm Kiel zu haben, sitzt tief und ist eingemeißelt in Körper und Geist, bis diese den Geist aufgeben. Am 27. Juli sehen wir die ersten nur halb beladenen Schubverbände und Frachter.
Das Niedrigwasser beschert uns aber auch etwas Positives, nämlich keine bis wenig Moskitos: „Die würden euch zu dieser Zeit des Jahres auffressen“, so der Eigner des Portul Dunarii Restaurants in Hirsova, Donauschwabe und deshalb deutschsprachig. Stimmt, haben das Moskitonetz, das wir an Bord haben, komplett vergessen.
Auch vergessen zu erwähnen haben wir die extreme Hitze : Außentemperatur bis 38 °, Innentemperatur bis 47.5 °, Wassertemperatur 28 °.

So wird der Donau-Schwarzmeer-Kanal unser neuer Favorit, weil er zum einen den Weg der Donau zum Meer um 240 km verkürzt, zum anderen, weil er ausgebaggert und durchgängig 6 bis 7 Meter tief ist. An den beiden Enden des Kanals gibt es 2 Schleusen: Sie haben jeweils 2 Kammern à 310 x 25 m mit 20 Schwimmpollern. In der Cernavoda-Schleuse schleust man ca. 5 m zu Berg, weil der Kanal die hügelige Dobrudscha durchschneidet. In der Constanza-Schleuse geht es etwa 12 m zu Tal. Man schleust immer im Convoi. Unser erster Convoi besteht aus dem Viererverband BRCKO, 186 m lang, und dem Frachter Arnika mit Leichter, der Getreide transportiert, 67 m lang. Da wir an keinen Schwimmpoller kommen, liegen wir längsseits am Frachter. So bestimmt es der Lotse, der verpflichtend die 64 Kanalkilometer mit jedem Berufsschiff mitfährt und per Funk mit der Zentrale und Piloten-Kollegen in Verbindung steht. Im zweiten Schleusen-Convoi unsere Akina an vorderster Front am Schwimmpoller 20, der ihr zugeteilt ist. Hinter ihr die beiden Frachter Arnika und Amina im Päckchen und der Koloss BRCKO. Wer den Kanal benutzen will, muss sich vorher anmelden, wird in ein Schedule eingebunden und bezahlt für den Service eine Kanalgebühr: natürlich Cash und in LEI. Wir drücken liebend gern 600 LEI, entsprechend 120 € ab und sind das erste Mal sorglos und ein bisschen Cared For. In der Schleuse Constanza die Border Police, bei km 0 Abmeldung bei der Kanal-Zentrale. Dann sind wir entlassen. Gut, dass Tom schon lang den gewaltigen Hafen von Constanza durch Google Maps kennt. Dort nur Ozeanriesen, keine breiten Viererverbände mehr wie auf dem Kanal. Während der Ausfahrt aus dem Hafen alles schaukelsicher machen, Leinen und Fender rein, Enterhaken sichern, Fernglas bereitlegen …………. Und dann geht’s hinein in die Dünung des Schwarzmeers (Video). Kaum sind wir draußen - hallo, hallo - begrüßen uns 2 Delphine, die eine ganze Zeit neben uns auf und nieder tanzen. Sagt, was kann’s Schöneres geben als eine solche Begegnung. Im Port Tomis mitten in Constanza legen wir nach 14 Stunden an und sind wieder einmal abgefuckt und angeturnt zugleich.

DONAU ADE!

P.S. Da die Untere Donau so „verzehrend“ war, werde ich keine Einträge mehr zustande bringen. Doch werden in Absprache mit unserem Blog-Admin Uli die Donaustationen 19 bis 31 nachgeliefert. Uli ist es auch, der die Standort-Bastelei, die ihr hier bewundern könnt, fabriziert hat. Klick:

http://buwe.de/tvif/tracking.php