DA MÜSSEMER DURCH
Vorbereitungen
für den 24-Stdn.-Sozópol-Bosporus-Marmara-Dardanellen-Kavála-Törn
mit Arthur über 4 Tage
ALDI-Proviantierung
3 Packungen Servietten
4 Rollen Klopapier
6 Sixpacks Küchenrollen
33 l Sprudel
12 l Cappy Grapefruit
3 Salzbutter
Brot: 3 Weizen (dunkel), Brezel
16 Dosen Bier
12 Flaschen Wein
2 Lavazza
2 Burgas 63 Barrel
Lachs und Forellenfilets
Käse: Gouda, Edamer, Ziegenkäse
Wurst: Kochschinken, Parma, Salami
Süßes: Kokosnuss- und Erdnussplätzchen, Schokolade
Nüsse: Mandeln, Pistazien
= 640 Lewa, entsprechend 320 €
Zum Morgen-Kaffee
Süßkram
Mögliche Mittagsmahle
Mozarella mit Tomaten und Basilikum
Ziegenkäse mit Feigenmarmelade
Ziegenyoghurt mit grünen Feigen
Roma-Sardellen mit Knoblauch
Tsatziki
Soleier
In-betweens
Bananen, Äpfel, Nüsse
Mögliche Abendmahle
Tomatenspaghetti
Räucherlachs mit Tagliatelle, dazu Dill-Sahnesoße
Pilze mit Reis in Speck-Sahne-Soße, Petersilientop
selbst gemachter Kartoffelsalat nach Erna-Art mit Wienerle
Am-Tag-Vorher-Proviantierung
Yoghurt, Sahne
Bananen, Aprikosen
helles Brot
Knofel, Gurke, Dill, Petersilie, Tomaten, Pilze, Kartoffeln
Dokumente
Crewlist
Einreisedokumente Bulgarien
Versicherungsnachweise
Bootsdokumente
Führerschein
Ausweise
Vor der Abfahrt
Abmeldung bei der Border Police in Sozópol auf Kanal 16
Anmeldung in Tsarevo 0887 82 49 95 zur Ausklarierung
Nicht vergessen: Roaming in der Türkei ausschalten
Tourenplan mit 7 Stdn. Nacht von 22 h bis 5 h
Mo: Sozopol - Tsárevo - türkische Grenze/Rezovo
Di: Bosporuseinfahrt - Bosporus - Istanbul - Marmara Ereğlisi
Mi: Tekirdağ - Dardanelleneinfahrt - Çanakkale - Dardanellenausfahrt
Do: Kavála
Logbuch
Sonntag, 9. Juni:
um 19 h Arthur an Bord, Spaziergang durch Alt-Sozópol, schlechtestes Essen jemals im Casa Del Mare
Montag, 10. Juni:
um 6 h auf, 7.15 h Sozópol ab, 20 nm, 10.30 h Tsárevo an. Die Ausklarierung aus BG dauert 30 Min., wäre aber nicht nötig gewesen, weil die EU-Länder sich darauf verständigt haben, den grenzkontrollfreien Schengen-Raum vom 24. März diesen Jahres an auf Rumänien und Bulgarien auszudehnen (Info bei Tagesschau.de), was wir aber nicht mitgekriegt haben. Tzarevo, als Reiseziel sowieso unattraktiv, ist mit dem Beitritt nun gänzlich ausgebremst. Dort Frühstück: Caprese mit Büffelmozzarella, angerichtet in den Farben der bulgarischen Flagge, also Mozzarella, Basilikum, Tomaten, und Kontrolle des Motorraums mit der Diagnose, dass übermäßig viel Öl in der Bilge steht. Beschluss, trotzdem weiterzufahren; deshalb um 12.30 h ab - ohne Motor weit hinaus aufs Schwarzmeer, um nächtlichen Gefahren wie Felsen, unbeleuchteten Booten, Netzen aus dem Weg zu gehen, die Highways der Großschifffahrt nicht zu tangieren und auf möglichst gerader Linie zur Bosporuseinfahrt zu gelangen.
Um 16.30 h erster, um 20 h zweiter Kleidungswechsel des Kapitäns, dazwischen Kartoffelsalat und Wienerle. Danach, bevor die Nachtschicht beginnt, noch ein Nickerchen in voller Montur, denn es wird kalt und nass.
Dienstag, 11. Juni:
Um 5 h schlägt der Traveller, also stehen die Segel schlecht. Tatsächlich nur 2 kn Fahrt. Der Wind hat gedreht. Schneller Kurswechsel: In „Tacks“, also einem Wendenzickzack bis zur Bosporuseinfahrt mit der Ersten Bosporusbrücke. Die türkische Schwarzmeerküste mit İğneada, Kıyıköy, Karaburun sehen wir nicht. Um uns herum nur Himmel, Wasser, Wellen und Wind. Um 12.45 h verlassen wir das Schwarzmeer durch den Bosporus, 16 nm. Im Bosporus moderater Wind von vorn - bestens, aber viel Verkehr. Das Marmarameer eine einzige Kloake, die Städte in orange-beigem Smog. Vor Istanbul Tsatziki-Frühstück. Istanbul - Silivri, 30 nm, gegen Abend bis 23.30h auf einmal Segelwind bis nach Marmara, 18 nm - wunderbar, auch die Pilzbasmati mit Sahne-Speck-Soße.
Mittwoch, 12. Juni:
nachts schwere See, so hohe Dünungswellen, dass sie dem Bootsrumpf schwere Gewalt antun und die beiden Segel - nun unter Motor - dramatisch schlagen. Draußen über Stunden als Nachtschichtler die elementenbezwingende und lassoschwingende Einhandmaschine Arthur. Tom und ich im Salon ausgestreckt, ich Spielball des Elements: muss mich körperlich „verkeilen“, um nicht herumgeschlagen zu werden. Die Situation: grenzwertig für den Menschen und Verschleißprobe fürs Tuch und die Leinen, die sich verheddern. Deshalb holt Arthur die Genua schließlich direkt am Bug mit der Hand ein. Hochgefährlich. Um 7 h Kumbag, um 9 Gaziköy, um 12 Eriklice, um 14.45 Dardanelleneinfahrt, um 21 h Çanakkale, kurz vor Dunkelheit Dardanellenausfahrt
Zu Mittag: Boquerones en vinagre mit Dunkelbrot
Zu Abend: Lachs-Tagliatelle mit Dill-Sahne-Soße
Donnerstag, 13. Juni:
Nachts kein Wind. Von Samothraki um 5 h, 6 Stdn. westlich an Thassos präsentiert sich die Ägäis, wie sie sein soll (#1, #2, #3), und die Männer sind so entspannt, dass sie den Autopiloten machen lassen. Die Head-down-generation ist, wie man sieht, auch bei den „Sechzig-plusern“ angekommen. Um 16 h Anlandung im Limani Kavalas/Hafen von Kavala, am Fuß der Altstadt mit Akropolis gelegen; Einklarierung können wir uns „schengen“, und weil der Hafen keine Marina mehr ist, hat er keine Sanitäranlagen; dennoch 50 € pro Tag. 3 Stunden nach dem Festmachen just nach dem exzellenten Dinner im Psaraki beginnt ein Sturm zu toben, der alle Blumenkübel umreißt -
doch wir sind safe…
… nach 81 Stunden Tag-und-Nacht-Törn über 407 zurückgelegte nautische Meilen von Sozopol nach Kavala
Freitag, 14. Juni:
Arthur geht von Bord
Geschichten
Während des Törns macht uns Arthur bekannt mit Éric Tabarly, einem der bedeutsamsten Einhandsegler der Geschichte, der 1998 weder in einem Rennen, noch in einem Sturm, noch auf einer Transat-Passage zu Tode kam, sondern auf dem banalen Überführungstörn eines Kats mit Freunden über Bord ging und in der Keltischen See ertrank (s. seine Biographie und seine Passion -Tabarly (2008) bande annonce/le film - 1.34 Min.) Arthur erlebte sein eigenes Tabarly Revival, als er in Anwesenheit der Presse einen Kat bis zum Test-Limit trieb, wobei er im Verlauf des Manövers über Bord ging, was aber keiner bemerkte. So kämpfte er um sein Leben und schaffte es aus eigener Kraft zurück an Bord. Dort fragte er die Pressefrau, ob sie seine lebensbedrohliche Situation denn bemerkt und dokumentiert habe, was diese verneinte, worauf er vorgeschlagen habe, den gefährlichen Stunt kontrolliert zu wiederholen. Natürlich sei das ein ironischer Scherz gewesen.
Arthur erzählt auch, dass er als lebenslanger Taucher Roma erschrocken habe, die sein Boot klauen wollten. Er habe sie wie ein Meeresungeheuer an den Beinen unter Wasser gezogen und über Gebühr unten gehalten. Von da an sei sein Boot niemals mehr Objekt der Begierde gewesen und er von seinen Freunden the crocodile genannt worden.
Exkurse zur Destination Marmarameer
Der sogenannte Meeresrotz entstand nicht plötzlich, sondern über 3 Jahrzehnte hinweg, auch nicht, wie offiziell kommuniziert wird, durch Algen, sondern durch die Einlassungen der türkischen Anrainerstädte, die deshalb so „nachhaltig“ sind, weil die Unterströmung, gebremst durch Bosporus und Dardanellen, sie nicht „abführen“ kann. So werden sie Nahrung und Quelle der Vermehrung für Algen. Nicht die Algen sind also die Übeltäter, sondern der Mensch ist der Verursacher der Algenpest und damit des „türkischen Toten Meeres“ (Spiegel-Bericht vom 14.9.2021) Interessegeleitet könnte man daher froh sein ob der natürlichen Barrieren Bosporus und Dardanellen, halten sie doch die Abwasserbrühe auf dem „eigenen Terrain“, anstatt ihn in das Schwarzmeer und/oder die Ägäis abzuführen.
Auch die Black Flies = turkey-gnats! = türkischen Moskitos profitieren vom Umweltdesaster, denn das Marmarameer ist ideale Brutstätte für ihre Spezies, die sich von den im Übermaß vorhandenen Algenrückständen ernährt. Wir töten in 24 Stdn. Hunderte dieser Blutsauger, natürlich weiblichen Geschlechts, deren Körper vom reichen Mahl aus unseren Körpern nahezu platzen. Dass uns kein Infektionsschaden entsteht, spricht für ein intaktes Immunsystem, das einiges selbst regelt und wegsteckt. Details über über das Insekt findet ihr hier.
Die Politik reagiert auf den Umweltdreck mit für 2024 mehr als doppelt so hohen Geldbußen … imposed on vessels for causing pollution in Turkish waters through the discharge of petroleum products, dirty ballast, garbage and sewage into the sea … (siehe www.ersoybilgehan.com, dort die Bekanntgabe vom 28. Dezember 2023 mit dem Titel Marine pollution fines revised for 2024), nicht mit Umweltauflagen für Städte, Gemeinden und Industrie. So wird die Hauptursache nicht genannt und der Supergau bis auf weiteres zementiert.
Ihr seht uns also nicht gerade begeistert vom Urlaubsparadies? Marmarameer mit seinen vermeintlich türkisblau-karibischen Wassern und den verwunschenen Prinzeninseln.