C & C

Montag, 30 März 2020

CALIMA und CORONA

LANZAROTE
in Bildern:
Unser Wasserapartment Casa Oceano 4 mit Lavaterrasse: #1, #2, #3
Die Feuerberge (auch im Titelbild) mit ihren Lavaflüssen, in denen himmlische Rebsorten gedeihen: #1, #2, #3
Manrique ist allgegenwärtig auf Lanzarote in seiner Vision, Natur und Architektur (#1, #2) in Einklang zu bringen.
Meer und Grüne Lagune bei El Golfo, Playa de Famare und La Graciosa.

Calima von oben
Die letzten 5 Tage unseres Aufenthalts erleben wir die Calima, hier im Satellitenbild und da in der Realität im Casa Tomás, unserer Lieblingsbar, vor und während der Calima, wahrlich ein Schauvergleich wert.

Die Calima ist eine Südostwetterlage auf den Kanaren, die den Inseln Temperaturen um die 30° und Sandstaub aus der Sahara beschert, der das Licht adoben bricht, so dass der Himmel ockerfarben und stumpf aussieht. Durch den heftigen Wind gerät der Ozean stark in Bewegung, weshalb auch das Wasser sein Blau verliert: Es ist eher schmutzig-braun. Alles, was im Freien steht, überzieht die Calima mit Mikropartikeln rotbraunen Wüstenstaubs, der allgegenwärtig und nicht wegzufegen ist. Im Februar 2020, als wir auf Lanzarote sind, zeigen sich extreme Auswirkungen der Calima, denn alle 8 Kanarenflugplätze werden für 2 Tage geschlossen, die Fähren zwischen den Inseln verkehren nicht mehr, die Kreuzfahrer auf den Mein-Tui-Schiffen sind im Hafen von Arrecife gestrandet, die Radfahrerkolonnen strampeln sich immer noch ab, nun aber mit Mundschutz, denn der rote Staub reizt die Atemwege und kriecht überallhin. Wir erleben die Calima als trockenen Sandnebel, der über der Insel liegt, und den Atlantik als Flut heranrollender brauner Wellenberge. Es ist die heftigste Calima der letzten 40 Jahre, so die Kanarenpresse.

DER ODEM DES ATLANTIKS
29. Februar bis 7. März

Über handgegenkoje.de suchen wir einen Skipper mit einem ähnlich großen Boot wie unserem, um eine Woche Segeltraining auf dem Atlantik zu machen, und finden Bernhard Graf, einen Österreicher, mit seiner „Safira“, der sich auf der HP unter dem Suchbegriff 53347 so vorstellt:

Ich möchte mit Menschen segeln, die sich verlieren können im Flug eines Seevogels, im Atem des Meeres, in der Woge, die unter dem Boot durchrauscht …,
in der Ursuppe des Lebens, die gebiert und verschlingt …,
geborgen und gewiegt im Bauch eines Schiffes und dennoch ausgesetzt der übermächtigen Kraft der Natur mit ihrer überwältigenden Schönheit und gnadenlosen Grausamkeit …,
und damit wieder ein wenig demutsvoller dem Leben gegenüber werden ...
und vielleicht mehr darüber herausfinden, was wirklich wichtig ist im Leben.

Mit Binter fliegen wir also nach Teneriffa Süd, denn Bernhards Boot liegt in Las Galletas. Und dann sind wir sieben Tage zu dritt auf dem Atlantik unterwegs, zunächst an der Südküste der Insel von Montana Rocha bis Los Gigantes, dann nach La Gomera und retour. Wir besprechen die An- und Ablegemanöver, üben Wenden und Halsen, Ankern und Festmachen, lernen viel über Wind, Strömung und Wellen im Revier und die kostenfreie Windy App kennen, die ausführliche Daten über Wind, Wetter, Temperatur und Welle liefert und so für Menschen auf dem Wasser unerlässliche Infoquelle ist, erfahren real, dass der Bullenstander eine wichtige Sicherheitsleine ist, um eine Patenthalse zu verhindern, sehen, wie man „Seemannsgarn strickt“, nämlich eine Kausch, ein Auge aus Metall, ins Tauwerk einflicht, beobachten die Meeresfauna, nämlich Delphine, Pilotwale, einen Schwertfisch und die wunderschönen Portugiesischen Galeeren, Nesselquallen, die schwere schmerzhafte „Verbrennungen“ beim Menschen erzeugen, zelebrieren Seglerrituale wie das verdiente Ankerbier, kochen zusammen, beispielsweise Yellow Fin Tuna, roh mit Olivenöl und Koriander oder gebraten mit Curryreis, aber auch Dry Aged Beef mit Bratkartoffeln. Als wir auseinandergehen, sind wir alle drei gleichermaßen glücklich und wissen, dass wir uns wiedersehen werden.

Auf den nun folgenden Bildern seht ihr das Boot am Ankerplatz vor der Playa de las Américas, die Crew (#1, #2, #3), Momentaufnahmen von den Touren (#1, #2, #3, #4, #5) und schließlich als Höhepunkt einen Videoclip.

Drei weitere Tage nach dem Törn bleiben wir auf Teneriffa. Dann geht alles ganz schnell. Zwei Tage nach unserer Rückkehr nach D: Quarantänefälle und Ausgangssperren auf den Kanaren, Ein- und Ausreiseverboote an den europäischen Grenzen, Schließungen aller öffentlichen Einrichtungen, Hamsterkäufe, Panik, Masken, Social Distancing

DAS CORONAVIRUS

  1. „Der kleine Stowasser“ gibt Auskunft über den Begriff „Corona“: corona, coronae, femininum = Kranz, Bekränzung, Krone Die Bezeichnung „Corona“ für das Virus mag daher kommen, dass der Erreger, wenn unter dem Mikroskop, einen trompetenartigen Partikelkranz um den Kern herum hat.
  2. Beim älteren Menschen löst der Begriff folgende Konnotationen aus:
    • ein Auto
      Der Toyota "Corona" kam erstmals 1957 auf den japanischen Markt, entwickelte sich zum Welterfolg und wurde noch bis 1996 gebaut. Die Mittelklasselimousine gab es auch als Kombi, Pick-up und Coupé.
    • ein Zigarrenformat
      Eine „Corona“ hat eine bestimmte Länge, Dicke und Form und steht für einen besonderen Rauchgenuss, was Brenndauer, Intensität, Fülle und Ausgewogenheit des Geschmacks angeht. Eine „Corona“ hat heutzutage eine Länge von 130 bis 170 und einen Durchmesser von 15 bis 18,5 Millimetern.
    • ein Bier
      „Corona“, mexikanische Biersorte, „Sonne aus der Flasche“, wird mit Zitronen- oder Limettenscheibchen besonders seit 2014, also seit der Fußball-Weltmeisterschaft, bei der die deutsche Nationalmannschaft Argentinien bezwang, bei Großevents an allen Fluss- und Meeresufern getrunken. Das Etikett hat als Symbol für das spanische Königshaus eine Krone. Seit der Ausbreitung des Virus sind die Umsätze rückläufig, meldet die Corona-Brauerei.
  3. die literarische Verarbeitung einer Epidemie findet man in der Einleitung zu Giovanni Boccaccios „Dekameron“, in der Boccaccio ein absolut analoges Szenario zu unserer Corona-Realität erzählt, nämlich vom Umgang mit dem lebensbedrohlichen Pestbakterium durch Politik, Geistlichkeit, Gesellschaft und Individuum.
    In diesem Zusammenhang: Danke, Uli Schönherr, für den Link dorthin, wo Folgendes geschrieben steht:
    Seit der heilbringenden Menschwerdung des Gottessohnes waren 1348 Jahre vergangen, als in die herrliche Stadt Florenz das tödliche Pestübel gelangte, welches – entweder durch Einwirkung der Himmelskörper entstanden oder im gerechten Zorn über unseren sündlichen Wandel von Gott als Strafe über den Menschen verhängt – einige Jahre früher in den Morgenlanden begonnen, dort eine unzählbare Menge von Menschen getötet hatte und dann, ohne anzuhalten, von Ort zu Ort sich verbreitend, jammerbringend nach dem Abendlande vorgedrungen war.
    Gegen dieses Übel half keine Klugheit oder Vorkehrung, obgleich es die Stadt daran nicht fehlen ließ, jedem Kranken den Eintritt verwehrte und manchen Ratschlag über die Bewahrung der Gesundheit erteilte. Ebensowenig nützten die demütigen Gebete, die von den Frommen nicht ein, sondern viele Male in feierlichen Bittgängen und auf andere Weise Gott vorgetragen wurden. Etwa zu Frühlingsanfang des genannten Jahres begann die Krankheit schrecklich und erstaunlich ihre verheerenden Wirkungen zu zeigen. (…). Die Seuche gewann um so größere Kraft, da sie durch den Verkehr von den Kranken auf die Gesunden überging, wie das Feuer trockene oder brennbare Stoffe ergreift, wenn sie ihm nahe gebracht werden. (…)
    Daraus entstand ein allgemeiner Schrecken, und mancherlei Vorkehrungen wurden von denen getroffen, die noch am Leben waren. Fast alle strebten zu ein und demselben grausamen Ziele hin, die Kranken nämlich und was zu ihnen gehörte, zu vermeiden und zu fliehen, in der Hoffnung, sich auf solche Weise selbst zu retten. Einige waren der Meinung, ein mäßiges Leben, frei von jeder Üppigkeit, vermöge die Widerstandskraft besonders zu stärken. Diese taten sich in kleineren Kreisen zusammen und lebten, getrennt von den übrigen, abgesondert in ihren Häusern, wo sich kein Kranker befand, beieinander. Hier genossen sie die feinsten Speisen und die ausgewähltesten Weine mit großer Mäßigkeit und ergötzten sich, jede Ausschweifung vermeidend, mit Musik und anderen Vergnügungen, die ihnen zu Gebote standen, ohne sich dabei von jemand sprechen zu lassen oder sich um etwas, das außerhalb ihrer Wohnung vorging, um Krankheit oder Tod zu kümmern.
    Andere aber waren der entgegengesetzten Meinung zugetan und versicherten, viel zu trinken, gut zu leben, mit Gesang und Scherz umherzugehen, in allen Dingen, soweit es sich tun ließe, seine Lust zu befriedigen und über jedes Ereignis zu lachen und zu spaßen, sei das sicherste Heilmittel für ein solches Übel. (…)
    Viele andere indes schlugen einen Mittelweg zwischen den beiden oben genannten ein und beschränkten sich weder im Gebrauch der Speisen so sehr wie die ersten, noch hielten sie im Trinken und in anderen Ausschweifungen so wenig Maß wie die zweiten. Vielmehr bedienten sie sich der Speise und des Tranks nach Lust und schlossen sich auch nicht ein, sondern gingen umher (…).
    Andere aber waren grausameren Sinnes – obgleich sie vermutlich sicherer gingen – und erklärten, kein Mittel gegen die Seuche sei so wirksam und zuverlässig wie die Flucht, (…) als ob der Zorn Gottes, der durch diese Seuche die Ruchlosigkeit der Menschen bestrafen wollte, sie nicht überall gleichmäßig erreichte, (…), viele von den Anhängern jeder Meinung erkrankten, wo immer sie sich befanden, (…).
    Wir wollen davon schweigen, daß ein Mitbürger den andern mied, daß der Nachbar fast nie den Nachbarn pflegte und die Verwandten einander selten oder nie besuchten; aber mit solchem Schrecken hatte dieses Elend die Brust der Männer wie der Frauen erfüllt, daß ein Bruder den andern im Stich ließ, der Oheim seinen Neffen, die Schwester den Bruder und oft die Frau den Mann, ja, was das schrecklichste ist und kaum glaublich scheint: Vater und Mutter weigerten sich, ihre Kinder zu besuchen und zu pflegen, als wären es nicht die ihrigen. (…).
    Als indessen die Heftigkeit der Seuche zunahm, hörten alle alten Bräuche ganz oder teilweise auf und neue traten an ihre Stelle. (…), so habe ich mehrmals vernommen, daß die in der Stadt Gebliebenen allein und in Gesellschaft, ohne zwischen anständigen und unanständigen Frauen einigen Unterschied zu machen, sobald die Lust sie dazu antreibt, mit einer jeden bei Tage und bei Nacht vornehmen, was ihnen am meisten Vergnügen macht. Und nicht allein die freien Leute, sondern auch die in den Klöstern eingeschlossenen haben unter dem Vorwand, was den andern nicht verwehrt werden könne, müsse auch ihnen freistehen, die Gesetze des Gehorsams über den Haufen geworfen, sich der Fleischeslust ergeben und sind in der Hoffnung, so dem Tode zu entgehen, ausschweifend und schamlos geworden. (…)
  4. Die Reichen in Amerika ziehen auf ihre Yachten und kaufen Inseln, einschließlich Pflegepersonal und „Hausarzt“.

    Im katholischen Spanien bricht der Generationenkitt, denn die mittlere Generation lässt die Alten nicht mehr zu sich nach Hause und die Kleinen nicht mehr zu den Großeltern. Auch die inbrünstig gefeierten Osterprozessionen in der Semana Santa sind abgesagt.

    Am 22. März um 00.16 h erhalten wir folgende Junkmail:
    Während der Zeit der Coronagrippe, mit sehr schweren möglichen Verlauf, gilt:
    Halten Sie beim Husten oder Niesen größtmöglichen Abstand.
    Vermeiden Sie Händeschütteln, wenn Sie andere Menschen grüßen.
    Verzichten Sie auf Besuch von älteren Menschen.
    Reinigen Sie Ihre Hände regelmäßig gründlich.
    Das aller klügste aber ist, sich selbst in Hausquarantäne zu begeben und Sex zu genießen.
    Wir haben noch jede Menge Materialvorräte.

    Schließlich: Das Virus gebiert einen Neologismus im Englischen:
    covidiots - a word relating to those

    who ignore health advice about Covid-19
    who hoard goods denying them from their neighbors
    who fall for crackpot coronavirus hoaxes
    who flood dangerous myths in the internet.

In diesem Sinne:
All the very best.
Take care, stay safe, stay sane.