Der Rhein
VIERTER AKT
23. bis 30. September 2018
SO IST DER RHEINSTROM OHNE FEHLE
DAS FAMILIENBAD DER DEUTSCHEN SEELE.
Es fließt ein Strom durchs deutsche Land,
drin spiegeln sich Schlösser und Zinnen;
er ist in den deutschen Gauen bekannt,
kein Refrain kann demselben entrinnen.
Und alle Romantik hat hier ihr Revier,
und je lauter das Rheinlied, je kälter das Bier
der kleinen und großen Verdiener.
Zum Beispiel so der Berliner:
„Ein rheinischet Meechen beim rheinischen Wein,
na, det muss ja der Hümmel uf Erdn sein!“
Wer Lieder für Operetten schreibt
aus Prag, aus Wien und aus Bentschen:
den Rhein möcht ich sehn, der da ungereimt bleibt,
es sind halt geschickte Menschen.
Und was sie dichten, ganz Deutschland grölt´s
von Aachen bis Dirschau, von Kiel bis nach Ölz,
wo nur Treue und Weinbrand wachsen.
Zum Beispiel so unsere Sachsen:
(...)
Im Rhein, da quillt unsere Mannesbrust,
da liegen dicke Tantiemen;
und befällt den Deutschen die Sangeslust,
hier kann er das Ding unternehmen.
Es reimt sich der Rhein
auf Schein und Sein
auf mein und auf dein,
auf Jüngferlein, Stelldichein, Gänseklein …
Und ist auch zerklüftet das Deutsche Reich,
im Moorbad der Lyrik verstehn sie sich gleich
viel schneller als bei Richard Dehmel.
Zum Beispiel so jener aus Memel:
„Äin rhäinisches Mädchen beim rhäinischen Wäin,
äi, das muss ja der Himmel auf Erden säin.
Wäißt, wenn dir der Wäin nich schmeckt,
jieß noch ´n kläin Schnapsche räin.“
So ist der Rheinstrom ohne Fehle,
das Familienbad der deutschen Seele.
Kurt Tucholsky,
Der Rhein und Deutschlands Stämme (1927)
Der Rhein ist mit seinen 1320 km Länge und einer jährlichen Durchfuhr von 330.000.000 Warentonnen die wichtigste Binnenwasserstraße Europas von Nord nach Süd und im Verbund mit den Kanälen von West nach Ost - dies mit dem dichtesten Verkehr und der schönsten Landschaft. Er entspringt in den Schweizer Alpen und mündet in den Niederlanden mit einem ausgeprägten Delta in die Nordsee. Besonders sehenswert ist er bei Schaffhausen, wo er mit einer Breite von 150 Metern 21 Meter in die Tiefe stürzt, und am Mittelrhein zwischen Köln und Mainz, wo romantische Burgen und Städte seine hügeligen Weinbergufer säumen, weshalb dieser Flussabschnitt zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt wurde.
Seine naturgemäßen Verkehrsbesonderheiten und -regeln:
Ab Rheinkilometer 769 (Duisburg-Ehingen) bis zur deutsch-niederländischen Grenze findet die „geregelte Begegnung“ (Backbord an Backbord) statt. Die Talfahrt geht dabei am rechten Ufer zu Tal, die Bergfahrt am linken Ufer zu Berg …
also alles ganz normal, weil der Rhein keine wüsten Windungen macht. Er ist stark begradigt.
Oberhalb des Rheinkilometers 769 weist die Bergfahrt der Talfahrt den Weg. Hier wechseln Talfahrt und Bergfahrt je nach Verlauf der Fahrrinne die Seiten …
und hier beginnt der Wahnsinn für „Kleinfahrzeuge“, denn der Fluss „schlängelt sich“ im wahrsten Wortsinn durchs Land. Auf dieser Wasserserpentine bis km 540.2 mit engen Kurven, starker Strömung und Untiefen, die die Berufsschifffahrt zum Ausholen zwingen, ist nur wichtig, dass man als Kleiner die Großen nicht behindert oder gefährliche Kreuzungsmanöver fährt, heißt: Niemals einem Dicken nach-, sondern die kreuzungsfreie Route fahren. Wir fahren bei km 780.6 vom RHK auf den Rhein und verlassen ihn wieder bei 497.2, der Einmündung in den Main.
Die Wahrschaustrecke zwischen Oberwesel und St. Goar beginnt bei km 555.5 und endet bei 550.5
(wahrschauen ist vom Holländischen waarschuwen = warnen abgeleitet)
5 km lang ist sie also, tief eingeschnittenen, stark gewunden und eng, so dass weder ausreichender Sichtkontakt zwischen den Schiffen noch störungsfreier Sprechfunkverkehr möglich sind. So sind für den Bergfahrer (denn nur er hat wegen der starken Strömung die Möglichkeit zu warten) am Ufer Signaltafeln aufgestellt, die ihm Auskunft über den Gegenverkehr auf den 3 Teilstrecken geben.
die fotografierte Lichtwahrschautafel bedeutet: kein Talfahrer im ersten Drittel, im zweiten und dritten Drittel jeweils ein Fahrzeug bis 110 m.
Wetterbesonderheiten in 2018:
Die Großwetterlage beschert Deutschland von April bis Mitte November ein Jahrhundertwetter mit viel Sonne, ungewöhnlich hohen Temperaturen (den ganzen Sommer hindurch über 30 °) und ohne Regen. Fatale Folge davon ist, dass die Wasserpegel von Elbe, Weser, Rhein etc. dramatisch sinken.
Was das ökonomisch bedeutet, steht im Magazin „Binnenschifffahrt“ vom 23. August 2018:
Aufgrund des anhaltenden Niedrigwassers der Flüsse können Binnenschiffe nur noch 30 % ihrer Kapazitäten nutzen. (…), d.h. Frachter beispielsweise mit 3.000 t Kapazität derzeit nur 800 bis 1.000 t Kohle laden. (…) Behörden zufolge ist der Wasserstand am Pegel Kaub zwischen Koblenz und Mainz bis Sonntag um fast 20 % auf nur noch 48 cm gefallen. Frachter mit wenig Tiefgang könnten die Flüsse auch weiterhin befahren, selbst wenn der Pegel unter 40 cm falle, hieß es. Sie müssten ihre Ladung aber entsprechend weiter reduzieren. Dies habe zur Folge, dass für dieselbe Menge mehr Schiffe oder andere Transportmittel benötigt würden. (…). Anders als bei Hochwasser gibt es für die Schifffahrt bei Niedrigwasserlagen kein Fahrverbot, aber eben Einschränkungen bei der Ladungsaufnahme.
Auch unser Verkehrsminister Al-Wazir äußert sich in der FR vom 24. Oktober mit Blick auf das historische Niedrigwasser in diesem Jahr besorgt über die reduzierten Gewinne des nationalen Kapitals und verspricht Abhilfe, will „für die Schiffe (!!!!!!!!!!!!!) baggern lassen: Man muss nur wenige Untiefen beseitigen, um die Kapazität von Europas wichtigster Wasserstraße beträchtlich zu steigern. Die FR bezieht sich weiter auf das Unternehmen Contargo, das mitgeteilt habe, dass die Binnenschifffahrt am Containerterminal in Ginsheim-Gustavsburg nun gänzlich eingestellt sei. Am Wochenende seien die zwei letzten beladenen Schiffe im Terminal angekommen. Seit Montag würden die Container nun per Lastwagen rund 220 km nach Neuss gefahren, wo sie dann wieder auf Binnenschiffe verladen würden, um nach Rotterdam oder Antwerpen gebracht zu werden. Hier in Gustavsburg sind wir besonders betroffen, weil wir nicht auf den Schienentransport ausweichen können. Die Anbindung fehlt. Und ein Containerschiff entspricht 100 LKW, zitiert die FR einen Contargo-Mitarbeiter.
Was es für uns als Verkehrsteilnehmer auf dem Rhein bedeuten könnte, steht zunächst im General-Anzeiger Bonn vom 20. August:
Ein Fahrgastschiff hat sich am Montagnachmittag auf dem Rhein in Köln festgefahren. Das Schiff war gegen 14 Uhr auf dem Fluss zwischen Schokoladenmuseum und Deutzer Brücke unterwegs und wollte nach Angaben der Wasserschutzpolizei dort anlegen, als der Bug auf Grund geriet. Aus eigener Kraft habe der Schiffsführer das havarierte Schiff nicht mehr freibekommen. Ein Containerschiff zog es mit einem Seil frei. Zuvor wurden 120 Personen, darunter 97 Passagiere von Bord gebracht.
und dann am 13. September in der RP (Rheinischen Post) ONLINE:
Köln. Ein Tankschiff hat sich in der Nacht zu Donnerstag auf dem Rhein in Köln festgefahren.
Der mit Gas beladene Tanker hatte zuerst versucht, sich selbst freizufahren. Dadurch war das Schiff aber rechtsrheinisch aus der Fahrrinne getrieben und steckte dort im sandigen Boden fest. Gegen 15.15 Uhr konnte das Tankschiff durch ein Schubschiff freigezogen und wenige Meter weiter an der Kölner Mauer festgemacht werden.
Unsere Informationsquellen vor der Rheinreise:
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yachtweb.de : für grundsätzliche Infos
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boot-online.net : Unter diesem Portal finden wir unseren Mit-Skipper Uwe Schulz
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Manfred Fenzl, Der Rhein, Delius Klasing, Januar 2015, stellt sich, aber nur punktuell in der Reiserealität als leicht veraltet heraus
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Navionics : Die digitalen Flusskarten sind eine Art Garmin durch die Gewässer, enthalten sie doch jedes Detail über Fahrrinnenrand, Untiefen, Betonnung, Kilometrierung, Schleusen, Marinas etc.
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vesselfinder.com : Unerlässlich, weil man das Aufkommen des Berufsschifffahrtsverkehrs verfolgen kann. So kann man sehen, welche Frachter (selbst mit Namen) entgegenkommen (wichtig z.B. bei schlechten Sichtverhältnissen!) oder welche in die gleiche Richtung fahren (wichtig z. B. bei der Einfahrt von einer Marina in die Fahrrinne!). Der Vesselfinder vermindert also konkret die Kollisionsgefahr.